Von einem Teil der Inputs auf der Tagung gibt es Protkolle. Sobald sie fertig überarbeitet sind stellen wir sie hier zur Verfügung, der Beitrag wird in den nächsten Tagen weiter ergänzt. Verfügbar als PDF und weiter unten als Text auf dem Blog.
PDF: “So nicht!” – Die Streikbewegung in der Freizeitpädagogik. Rückschau & Ausblick
„Am Fließband von der Revolution träumen“ – Betriebsarbeit vom Aufbruch in der 80ern bis zum Streikjahr 2003
Mit Peter und Michi
Peter:
-
Mit 15 in Betriebsarbeit und Politik eingestiegen
-
Begann als Orgelbauer in einem kleinen Betrieb
-
Erkenntnis: Wenn man die Gesellschaft verändern will muss man große Teile der Arbeiter:innen organisieren
-
=> Wechsel in großindustriellen Betrieb aus politisch-strategischer Perspektive
-
Arbeit bei General Montors (Opel) => großer Betrieb mit fast 2.000 Arbeiter:innen und für ihn ganz neuer Art zu arbeiten (Fließbandarbeit/Massenproduktion)
-
Dort angefangen, klandestin betrieblich tätig zu werden (der aktive Betriebsrat war arbeitgeberfreundlich („mafiös“), offen Fahne zu zeigen nicht möglich bzw. gefährlich)
-
Beginn einer Betriebszeitung, die sehr erfolgreich war (ca. 500 Exemplare pro Ausgabe verteilt)
-
Wichtig für erfolgreiche Arbeit war eine Unterstützungsgruppe außerhalb des Betriebs, die offener auftreten und zB vor der Fabrik Zeitungen verteilen konnte
-
„Japanisierung“/Methoden wie Just-In-Time-Produktion (Produkte werden nicht gelagert, sondern möglichst sofort verkauft/ausgeliefert) im Betrieb
-
Im Streikfall gab es die Problematik, dass Angestellte 100% des Gehalts fortbezahlt bekommen sollten, Arbeiter*innen aber nur 75% – der Betriebsrat war bereit, das so zu akzeptieren. Allerdings drang die Information zu den Beschäftigten durch und löste große Unzufriedenheit und Aufruhr aus => Thematisierung in der Betriebszeitung und über Flugblätter
-
=> Interesse an klandestin arbeitender Gruppe wuchs; Wachstum von 2 auf ca. 15 Beschäftigte
-
Anfangs war es möglich, Arbeit herauszuzögern bzw. Maschinen zeitweise stehen zu lassen, dann wurde aber vom Betrieb ein menschenunwürdiges Kontrollsystem eingeführt, das jeden Schritt der Beschäftigten überprüfte => breite Ablehnung dieses Kontrollsystems (das vom Betriebsrat unterstützt wurde) als Organisierungspunkt; Generieren von Öffentlichkeit sowie internationale Vernetzung (trotzdem wurden die Kontrollen eingeführt)
-
Trotz recht erfolgreicher verdeckter Arbeit stieg der Druck, bei den anstehenden Betriebsratswahlen zu kandidieren, um in eine „wirksamere“ Position zu kommen; das wurde dann auch so entschieden => dadurch wurde aber vergessen, was davor auch schon ohne Funktion im Betriebsrat verändert wurde
-
Kandidatur (unter dem Namen ZAP) war wie ein „Coming Out“ und machte die Gruppe offen für Angriffe => nur wenig später Kündigung von Peter und 2 seiner Kollegen im Betriebsrat
-
Kandidatur daraufhin (trotz großer Unterstützung in der Belegschaft) aufgegeben, weil die Angst vor weiterer Repression zu groß war, aber Aufforderung, ZAP dennoch auf den Stimmzettel zu schreiben (ZAP hätte 2 Mandate bekommen)
-
Nach der Kündigung Wechsel in eine Maschienenbaufabrik, um dort die gemachten Erfahrungen einzubringen und weiter zu kämpfen
-
Dort hörte Peter zu, wie Kollegen sich über den Betriebsrat beschwerten => er fasste die Kritik schriftlich zusammen und ermutigte die Kollegen, eine Liste zu gründen und selbst zu kandidieren => die Kollegen gewannen, später wurde auch Peter selbst Betriebsrat
-
Für Arbeit im Betriebsrat waren ihm regelmäßige Betriebsversammlungen und ein offener und transparenter Austausch mit der Belegschaft wichtig
Learnings:
-
Es ist wichtig, stratgegische Positionen im Betrieb zu bestetzen (zB Stapler), die in einem Streik viel „wert“ sind
-
Es war rückblickend ein Problem/Fehler, dass nur Männer in der Gruppe organisiert waren
-
Transparenz und regelmäßiges Informieren der Belegschaft sind essentiell, wenn das betriebsintern nicht möglich ist, kann auf Unterstützungsgruppen „von außen“ zurückgegriffen werden
-
Konkrete Probleme (wie zB die Einführung des Kontrollsystems) können genutzt werden, um bei Kolleg*innen anzudocken => diese Themen zu erkennen ist zentral
-
Als Betriebsrat sollte man nichts entscheiden, was nicht die Belegschaft zuvor entschieden hat => ein Betriebsrat ist nur so stark, wie die Belegschaft, die ihn unterstützt
-
Die Belegschaft muss sich durch den Betriebsrat vertreten fühlen und ihm vertrauen
-
Im „Krieg“ gegen die Chefs ist es auch nötig, mit List und Täuschung zu arbeiten bzw. Schlupflöcher auszunutzen
-
Für erfolgreiche Arbeit im Betrieb braucht man „Glück und lange Ohren“
Michi: Einordnung von Arbeitskämpfen in Österreich seit 1945
-
Siehe Handout
-
Wichtig ist anzumerken, dass es immer wieder Phasen gab, in denen mehr oder weniger gestreikt wurde; in Phasen mit vielen freien Streiks konnten viele Kampferfahrungen für später gesammelt werden, aus denen zu lernen sich für heute lohnt
-
80er Jahre: viel Wut und Frustration mit „Planlosigkeit“ der Institutionen und Gewerkschaften => viel Streik und Protest, auch außergewerkschaftlich, aber größtenteils Verdeidigungskämpfe
-
Späte 80er und 90er Jahre: Neoliberale Offensive; Entpolitisierung der Betriebe und viel neoliberale Propaganda auch in und von den Gewerkschaften
-
1993: Streik von Flugbegleiter*innen gegen das SPÖ-ÖVP-Management
-
1999/2000: 1. Schwarz-Blaue Regierung => viele kleinere Proteste gegen Maßnahmen (zB Zerschlagung des Sozialversicherungssystems); Ablöse des GPA-Vorsitzenden führte zu großen Demonstrationen, aber keine Streiks
-
2003:
-
Auslöser der Streikwellen war dann in der AUA: Konfrontiert mit Personalabbau und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen fodererte Belegschaft beim Betriebsrat Widerstand ein und es folgte die Streikankündigung
-
Auf Streikankündigung reagierte der Konzern mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Betriebsrat, aber trotzdem blieb der Betriebsrat standhaft und gründete ein Streikkomitee mit Kolleg*innen vor allem aus dem fliegenden Personal => sehr rasche Zuspitzung des Arbeitskampfs
-
„irre Situationen“, die so kaum vorhersehbar waren und kreativer Widerstand, vor allem auch direkt aus der Belegschaft => beeindruckende Erfahrungen
-
-
-
Streikbereitschaft erreichte Postbus und es kam zu großen Streiks (ca. 4000 Beschäftigte) gegen eine geplante Privatisierung des Unternehmens
-
Diese Streiks waren dann ausschlaggebend für die folgenden Streiks gegen die Pensionsreform\
-
-
- Pensionsreform: quasi ein Generalstreik (auch wenn nicht offiziell so genannt) mit ca. 1 Mio streikenden Beschäftigten
Wichtige Leheren aus den Kämpfen:
-
„Meinung wird gemacht“ – es ist wichtig eigene Medien und Informationskanäle zu haben!
-
Auffangen von Bevölkerung durch Informieren und Solidaritätsarbeit ist wichtig, auch um gegen Inszenierungen der Gegenseite vorzugehen (Beispiel ÖBB-Streik: Fahrgäste wurden am Westbahnhof angesprochen und unterstützten Streikende größtenteils, aber Arbeitgeberseite inszenierte mit einer Theatergruppe „unzufriedene Fahrgäste“, was stärker in den Medien und auch bei den Beschäftigten ankam => Streikabbruch aus Angst vor fehlender Solidarität)
-
Streik gemeinsam und öffentlich: Nicht isoliert am Arbeitsplatz die Streikzeit absitzen, sondern draußen kollektive Momente schaffen
Fragerunde:
-
In Österreich ist, im Unterschied zu Deutschland, die Organisierungsebene zwischen Betriebsrat und Beschäftigten nicht institutionalisiert – wie kann eine solche Ebene und damit die Einbindung einer breiteren Basis in den Belegschaften trotzdem am Leben gehalten werden?
-
Entscheidungsmacht abgeben – Aufgaben und Verantwortungen, die Beschäftigte übernehmen, ermöglichen Partizipation; Betriebsrat trifft keine Entscheidungen ohne Rückhalt der Belegschaft
-
Bei der AUA gab es bis 2008 eine Zwischenstruktur, diese wurde aber dann von der Gewerkschaftsspitze zerstört
-
Übergangszeiten/Schichtwechsel zu nutzen sind eine gute Möglichkeit mit Menschen kontakt zu halten => als Betriebsrat in Kontakt mit der Belegschaft sein
-
Pensionsstreik 2003 – letzer „Generalstreik:“ Die Organisierung/Dauer/Form des Streiks waren ja doch eher „top-down“ von der Gewerkschaft vorgegeben und es war ein politischer Streik – wie sehr spielten da Parteiinteressen eine Rolle? Und gab es irgendeinen Versuch, die entstandenen Strukturen in den Betreiben längerfristig zu verankern?
-
Ja, es gab ein parteipolitisches Interesse der SPÖ am Streik, aber die Wut und Unzufriedenheit kam aus der Belegschaft heraus; Streik waren auch ein Resultat der in den Jahren davor bereits gesammelten Erfahrungen
-
Unterschied auch zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten, die von der Pensionsreform unterschiedlich stark betroffen/getroffen waren
-
Rücknahme von Teilen der Reform wurde dann von der Gewerkschaft als Erfolg verkauft und die Streiks beendet; es gab nicht wirklich Strukturaufbau darüber hinaus
-
Was bleibt ist die Erfahrung für kommende Kämpfe
-
Verdeckte Betriebsarbeit – was gibt es daraus für Lehren?
-
Wir müssen uns klarmachen, was der Gewerkschaftsapparat in seiner aktuellen Form ist und was er aus unserer Sicht sein soll/kann
-
Betriebsratsarbeit bzw. Funktionärsebene fesseln an institutionelle Hierarchien und Prozesse und schränken Arbeit teilweise ein
-
Sich nur auf die gegebenen Betriebsratsstrukturen zu verlassen ist nicht effektiv – „Man muss bereit sein, Gesetze zu brechen!“
-
Verankerung in der Belegschaft ist essentiell und wichtiger, als gewerkschaftliche Fraktionskämpfe und Eigeninteressen
-
Als Betriebsrat ist man dafür da, das aufzunehmen, was von der Belegschaft kommt und in beide Richtungen zwischen Arbeitgeber und Belegschaft zu kommunizieren; an erster Stelle steht aber immer die Belegschaft
-
Es gibt viele gute Gründe, warum Koleg*innen nicht offen/öffentlich auftreten wollen, aber es ist wichtig, dass die Belegschaft auch konkrete Gesichter hat, an die sie sich wenden kann und von denen sie weiß, wofür sie stehen
-
An einem gewissen Punkt wird es notwendig, auch offen dafür einzustehen, was man möchte, und zum Beispiel auch medial/öffentlich aufzutreten
-
Betriebsratsstrukturen, besonder so, wie sie derzeit rechtlich verankert sind, beschränken sich auf die nationale Ebene – was bedeutet das für internationale Konzerne? Kann Betriebsarbeit auch grenzübergreifend gedacht und gemacht werden?
-
Internationale Kooperationen können sehr sinnvoll und wichtig sein (zB GOG in Bochum), aber Vernetzung auf Ebene linker Oppositioneller, nicht auf gewerkschaftsfunktioneller Ebene
-
In internationalen Konzernen ist grenzübergreifende Vernetzung und Verbindung ein Muss, auch für gegenseitigen Austausch und Strategiediskussion
-
Ihr meintet, als Betriebsrat muss man bereit sein, Gesetze zu brechen, was wäre ein Beispiel dafür?
-
Welle von wilden Streiks 1969 in einem der größten Stahlwerke: Betriebsratsvorsitzender war ein Marxist; als 30 Kolleg*innen mehr Geld forderten, meinte er, das wären ihm zu wenige, um etwas erreichen zu können => 1h später waren es 300 Kolleg*innen und es kam zum Streik, ohne dass die Gewerkschaft etc involviert war
“So nicht!” – Die Streikbewegung in der Freizeitpädagogik. Rückschau & Ausblick
Mit Selma, Can und Samuel
Abkürzungen:
- BIM … Bildung im Mittelpunkt
- BR … Betriebsrat
- KV … Kollektivvertrag
- MA … Mitarbeiter*innen
- SWÖ … Sozialwirtschaft Österreich
- GPA … Gewerkschaft der Privatangestellten
Weitere Unterlagen: PPP BIM „So nicht! Die Streikbewegung in der Freizeitpädagogik“
BR BIM berichtet:
Der Arbeitskampf hat nicht bei Null gestartet, dies wird – anhand der PPP – dargestellt vor dem Bericht des Arbeitskampfes selbst.
Es gab immer wieder Organisierungen, Mobilisierungen und Streiks in der BIM und in der Vorgängerorganisation (2003 zB) anlassbezogen und bei KV Verhandlungen über Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum. Weiterer Anlass: Streiks vor der COVID Pandemie, dort hat sich ein sehr großer Teil der Belegschaft beteiligt. Die BIM hat aktuell ca 3000 Beschäftigte, aber als der Arbeitskampf begonnen hat, waren es rund 2500 Mitarbeiter:innen. Es gibt jetzt rund 160 Schulstandorte in ganz Wien mit BiM-Beschäftigten, zu Beginn dieses Kampfs waren es rund 140.
Der Arbeitskampf kann in 3 Phasen eingeteilt werden:
Phase 1: vor dem Sommer 2023
Vor Schulende 2023 hat der BR erfahren, dass es eine Reform geben soll, durch die die Freizeitpädagogik abgewertet werden würde. Es war klar, dass dagegen etwas gemacht werden muss. Auch aufbauend auf die früheren Erfahrungen wurde eine Betriebsversammlung einberufen. Diese war sehr gut besucht und es gab einen Streikbeschluss. Die nächste Frage war, wie dieser konkret umgesetzt werden konnte (siehe PPP Folien mit Dokumentation der Betriebsversammlung). Es gab ein Aktions- und Streikkomitee, das diskutierte, wie und auf welcher Eskalationsstufe man Streiks umsetzen kann. Kern war eine Aktions- und Streikwoche kurz vor Schulschluss. Zuvor hatte Minister Polaschek hat eine Pressekonferenz organisiert (in St. Pölten statt in Wien) und BR-Kolleg*innen sind hingefahren und haben interveniert. Für die Aktionswoche und die Warnstreiks wurde im Vorfeld sehr viel Vernetzung betrieben und Infos ausgetauscht/weitergegeben. Auch Eltern wurden informiert.
Erfahrungsbericht: Manche Kolleg*innen wollten sofort unbefristet streiken, andere Kolleg*innen wollten das nicht, da sie 4. Klassen verabschieden etc. Und deshalb gab es die Streikwoche, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Bedingungen der Kolleg*innen einzugehen. Deshalb gab es in ganz Wien viele unterschiedliche Aktionen – je nach Schule mit Flyern und Transpis oder Streiks und Arbeitsniederlegungen, etc. Es gab Medienanfragen, die mediale Reichweite war größer als erwartet (Fernsehen, Zeitungsartikel). Es gab viele Ansprüche der Belegschaft, und da war es wichtig, dass man gut planen kann und nicht direkt einfach ungeplant streikt. Und das ging, weil es die erwähnte Vorerfahrung gab und viele MA in der BIM politisch links, politisch organisiert waren.
Über 18.000 Unterschriften wurden gesammelt, händisch und online und in einer kurzen Zeit.
Frage: Wie habt ihr das mit den Elternbriefen gemacht?
- Zeigen der Exemplare (die es auch im Internet gibt).
Frage: In welchem (rechtlichen) Bereich bewegt man sich da, wenn der BR Elternbriefe schreibt?
Selma: Statt dem Aktionskomitee hat das aus rechtlichen Gründen der BR gemacht. Dies macht der BR seit langem bei Arbeitsniederlegungen. Und Kolleg*innen vor Ort sind aber die, die es ausstreiten müssen, ob sie es austeilen dürfen. Dem BR ist es bewusst, dass BR da eine Arbeit der Geschäftsführung macht (über Arbeitsniederlegung informieren etc), aber wenn der BR es macht kann er die Inhalte selbst bestimmen. Beispiel: Bei der ersten Niederlegung hat ein Schulleiter den Elternbrief übernommen. Wichtig: Das gibt es schon seit Jahrzehnten, dass bei Aktionen Elternbriefe geschrieben werden, und in vielen Sprachen.
Phase 2: Juli – Februar
Die erste Phase war sehr schnell und hat damit geendet, dass es das politische Zugeständnis gab, dass diese Änderung nicht mehr vor/über den Sommer eingereicht wird. Der BR veranstaltete ein Sommerfest zum Ende des Schuljahres und man konnte dort feiern, dass es eine Verzögerung und Verhandlungen gab! Dann gab es einen Bruch über den Sommer, weil die meisten MA nicht arbeiteten, eine verdiente Pause, aber nichtsdestotrotz ein Bruch. Es gab Streikschulungen zwischendrin. Ins nächste Schuljahr sind alle mit der Einschätzung gestartet, dass das Gesetz wohl bis Ende des Jahres durch sein würde. Über den Sommer hat man sich vorbereitet und ein Teamdelegiertensystemen zu Schulbeginn ins Leben gerufen (analog zur Deutschen Krankenhausbewegung). Anfang des Schuljahres fand eine öffentliche Betriebsversammlung statt, bei der der Streikbeschluss erneuert wurde. Außerdem wurde versucht, eine Aktionstaktung aufzubauen, um die Spannung und den Druck bei den Verhandlungen stetig zu zeigen.
2. Baustelle: SWÖ-KV-Verhandlungen parallel zu den Verhandlungen zur Gesetzesänderung
KV-Streik wurde geplant, dann kam es aber kurz vor dem geplanten Streiktermin zu einem Abschluss.
Die Gesetzesverhandlungen waren lange und zäh, die GPA machte außerdem Druck, während der laufenden Verhandlungen nicht zu streiken. Die Einigkeit unter der Belegschaft war nicht mehr gegeben wie vor dem Sommer, unter anderem aufgrund der bereits 6 Monate andauernden Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es mit den Jobs weitergeht. Viele haben resigniert und wollten einfach nur, dass sich die Situation endlich klärt. Dies aufzufangen und positiv umzuwandeln war die Aufgabe des BR und des Streikkommitees. Es gab dann kreative Ideen, die Motivation weiter zu behalten.
Phase 3: März bis Juni
Ende Februar fand die letzte Verhandlung statt, alle haben ewig gewartet, da es keinerlei verschriftlichten Vorschlag des Ministeriums gab. Es gab eine Urabstimmung im Betriebs über das, was das Ministerium mündlich angeboten hat. Wenn man damit nicht einverstanden war, müsse man weitere Aktionen machen. 96% stimmten gegen das Angebot und waren weiter streikbereit. Das war wichtig zu wissen für BR und Streikkommitee. Im März wurde eine Petitionsübergabe an den Generalsekretär organisiert. Es gab ein Versprechen, dass es bis Ende der Woche eine Rückmeldung geben würde, diese gab es aber nicht. Es war ein Versuch, die Kolleg:innen einzulullen. Alles wurde immer auf der Betriebsratshomepage veröffentlicht. Alle könnten also wissen, was gerade der Stand der Dinge war, aber spezielle Fragen (wie was das genaue Gehalt wäre) konnten nicht beantwortet werden. Es gab viel Verunsicherung in dieser Zeit auch und Verwirrungen bei allen, weil niemand wusste, ob das Gesetz nun kommt oder wie oder wann.
Aktionskomitee: Es gab weitere Aktionen mit Postkarten (siehe Präsentation). Eltern wurden über den Stand der Dinge informiert.
In der Urabstimmung hatte sich die Belegschaft klar gegen den Vorschlag entschieden. Andere BR-Gremien und die GPA wollten jedoch warten, bis es das schriftliche Ergebnis gäbe. Nach 2 Monaten gab es immer noch nichts. Die GPA fand, man solle warten und die Verhandlungen künstlich herauszögern, vielleicht ginge sich dann kein Abschluss mehr aus. Aber für den BIM-BR ging das nicht, weil dann kam der Sommer. Also gab es ein Ultimatum, dass es den schriftlichen Entwurf braucht, sonst gibt’s Streik. Es folgte eine uneindeutige Antwort vom Ministerium, woraufhin unklar war, ob man Streiks ausrufen sollte. Ein Streik wurde schließlich verschoben, es gab eine Teamdelegiertenversammlung, um das zu besprechen. Dann wurde beschlossen, den Streiktag abzusagen, aber streikbereit zu bleiben. Die Einschätzung der GPA war, dass das Ministerium in der gegenwärtigen politischen Situation das Gesetz nicht mehr durchbringen wird, dann kam es aber doch dazu, dass ein Gesetzesentwurf vom Ministerium geschickt wurde. Also musste kurz vor dem Sommer alles wieder hochgefahren werden, alle waren schon müde und die Einigkeit ist gebröckelt. Ein Bildungsaktionstag gemeinsam mit Schule brennt wurde als Aktionsmoment genutzt, dort gab es eine Betriebsversammlung während der Arbeitszeit und somit eine Arbeitsniederlegung – einige 100 Kolleg*innen waren dabei und es gab mediale Aufmerksamkeit. Am Anfang der Streikwoche kam dann die Info, dass das Gesetz jetzt doch nicht verabschiedet wird. Also ein Erfolg in der letzten Schulwoche, das Gesetz wurde verhindert!
Am Ende war allerdings unklar, was genau für die Freizeitpädagogik das Beste ist, da das Gesetz ja nach den Änderungen auch in einigen Punkten Verbesserungen gebracht hätte. Vor der Nationalratswahl könnte so ein Gesetz auch gut politisch genutzt werden. Da gab es viele Unsicherheiten und Uneinigkeiten. Die Euphorie am Ende des Schuljahres 2024 war nicht mehr so groß. Der Arbeitskampf, der über ein Jahr geführt wurde, war auch sehr zehrend, alle gingen erschöpft in den Sommer und jetzt sind alle mitten im Schuljahr, die Krankenstände steigen etc.
Fragen in der Kleingruppe
Wie macht ihr die ganze Orga logistisch mit den vielen Standorten und den vielen Abstimmungen?
- Es gibt zwar, viele Standorte aber diese sind alle sehr ähnlich aufgebaut, es sind alles Schulen. Das ist ein Vorteil. Es gibt Feste und regelmäßige Betriebsversammlungen, und Fortbildungen des Betriebs werden genutzt. Es gibt einen BR-Newsletter. Die Organisation der einzelnen Standorte erfolgt durch Teamdelegierte. Wichtig ist, sehr viele Infos über unterschiedlichste Kanäle an die Leute rauszugeben. Somit wird versucht, Wissenshierarchien abzubauen bzw zu vermeiden. Social Media, Zeitung, Newsletter, Homepage, Zettel Verteilen auf einem Fest. Beispiel: Eine Streikabstimmung war zB bei einem Winterfest: Alle haben Punkte in die Hand bekommen und es gab drei Plakate zum Aufkleben für die Optionen „Streikbereit Ganztags“, „Streikbereit Halbtags“ und „Nicht Streikbereit“.
- Teamdelegierte sind wichtig. Wenn ein*e Teamdelegierte*r kommt, wissen auch andere Bescheid, kommen zu Aktionen/Betriebsversammlungen und bekommen Infos etc. Die Teamdelegierten haben die Verantwortung auch wahrgenommen, die Infos weiterzugeben. (Teamdelegiertensystem siehe PPP). Wichtig ist, die Erwartungshaltung „BR muss was für uns machen“ zu brechen. Es gab oft Forderungen von der Basis, bei denen man im Aktionskomitee auch hart diskutieren musste – Taktik und Strategie sind auszudiskutieren/zu bedenken.
Gab es Konflikte mit einem Teil der Belegschaften (in ganz Österreich)?
- Österreichweit gibt es circa 5000 Freizeitpädagog*innen, keiner weiß es genau, weil einzelne Unternehmen gewerkschaftlich nicht gut betreut sind. Aber mindestens die Häfte der Kolleg*innen arbeitet bei BiM. In die Betriebsrätevernetzung waren mehrere größere Betriebe außerhalb Wiens eingebunden.
- ABER: Manche Kolleg*innen anderswo in Österreich hätten von dem neuen Gesetz vielleicht profitiert, da sie unter dem KV bezahlt wurden (was eigentlich ja illegal ist – aber wenn niemand etwas unternimmt, geht das). Manche Träger hatten nicht einmal einen Betriebsrat. Es war schwierig, das mitzudenken. Klare Linie war: Es darf für niemanden eine Verschlechterung rauskommen. Das verlässt auch den sozialpartnerschaftlichen Rahmen, der diese Kompromisse immer eingeht mit „hier ein bissi besser, da dafür etwas schlechter“. Und positiv war auch, dass es Vernetzung gab.
Was ist das weitere Vorgehen? Ist „Keine Verschlechterungen“ das Einzige oder soll es auch Verrbesserungen geben? In der Elementarpädagogik passiert einiges, aber dort herrscht auch eine starke Vertretungslogik bei den Sozialpartnern. Was ist eure Einschätzung?
- Ja, es gibt Vernetzung mit der Elementarpädagogik über eine Plattform in der GPA. Im Verlauf der Zeit entfernten sich die Forderungen der Freizeitpädagog*innen allerdings immer wieder von jenen der Elementarpädagog*innen. Es gibt viele gemeinsame Interessen, teilweise wechselt das Personal auch hin und her. BIM wäre für Vernetzung offen.
- Bzgl. Forderungen nach Verbesserungen: Zu Beginn der Kampagne wurden Forderungen formuliert. Von Anfang an wurde versucht, nicht nur Abwehrkampf zu betreiben. Wir haben aber keinen offensiven Arbeitskampf geführt. Es gab mehrere Schwierigkeiten: Durch die Reform hätte es keinen Betriebsrat mehr gegeben, die Belegschaft wäre aufgeteilt worden – die derzeitige Verwaltung wäre im neuen Gesetz zB nicht geregelt gewesen. Der Betrieb ist gerwekschafltich gut organisiert, ca. 50% der Kolleg*innen sind Gewerkschaftsmitglieder, das gibt dem Betreibsrat eine bestimmte Macht innerhalb der Gewerkschaft. Die Gewerkschaft war daher gegen eine Eingliederung: Sie hätten die Belegschaft als Gewerkschaftsmitglieder verloren. Die GPA hatte somit andere Interessen. Wir haben versucht, die Reform zur Abstimmung zu stellen: Wenn die Mehrheit profitiert und dafür gewesen wäre, hätten wir uns auch auf eine Eingliederung mit guten Bedingungen eingelassen.
- Bzgl. Ausblick: Wir gehen von Reformen für die Branche aus, da diese notwendig sind und das System anders nicht weiter finanzierbar ist. Wir kämpfen dafür, dass diese die Bedingungen für alle verbessern, statt sie zu nivellieren oder zu verschlechtern.